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Hat das Jiddische sein letztes Wort noch nicht gesprochen?

Jiddische Sprache und jiddische Literatur ohne Basis

Beim Stichwort Jiddisch denkt man an eine untergegangene Welt und an melancholische Lieder und daran, dass die jiddische Sprache mit dem Vergessenwerden zu kämpfen hat.

Denn durch den Mord der Nazis an sechs Millionen Juden verloren die jiddische Sprache und die jiddische Literatur ihre Basis. Während sich vor dem Holocaust etwa elf bis zwölf Millionen Menschen der jiddischen Sprache bedienten, war diese nach 1945 aus dem europäischen Sprachraum nahezu verschwunden, da die ermordeten Juden überwiegend aus Osteuropa stammten und mit Jiddisch als Muttersprache aufgewachsen waren. Nicht von ungefähr legte der sowjetisch-jiddische Schriftsteller David Bergelson (1884-1952) einem Überlebenden die wehmütigen Worte in den Mund: "Sonst sterben einem Volk die Dichter, mir aber ist mein Volk weggestorben." (Bergelson selbst fiel, zusammen mit anderen jüdischen Dichtern und Intellektuellen, den stalinistischen "Säuberungsaktionen" zum Opfer.)

Nach dem Ende des Nazi-Regimes lebte das Jiddische nur noch in kleinen, von orthodoxen Juden gebildeten Enklaven weiter - in Israel, in Osteuropa, in den USA und in Südamerika - oft mehr schlecht als recht. In Osteuropa war die jiddische Sprache nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges fast überall verboten, und in Israel war sie als "Ghettosprache" lange verpönt. Da man im israelischen Staat von Anfang an eine Antithese zum jüdischen Exil gesehen und das Jiddische vielfach mit Ghetto, Verfolgung, Gewalt und Unterdrückung gleichgesetzt hatte, sollte mit dem Exil auch die dazugehörige Sprache überwunden werden.

"Ich kenne keine zwei Sprachen, die einander so fern sind wie Jiddisch und Hebräisch, als gehörten sie zwei Völkern", lässt der 1920 in Polen geborene israelische Schriftsteller Aaron Megged(er kam im Alter von fünf Jahre in das damalige Palästina) den Ich-Erzähler Zwi Abel in seinem Roman "Fojglman" sagen. Erst der Eichmann-Prozess hat die Israelis gegen die Mameloschen, die Muttersprache der osteuropäischen Juden, milder gestimmt. (Máme-Lóschen von hebr.laschón-Zunge, Sprache).


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