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Paulus hat die Frohe Botschaft korrumpiert
Paulus hat, nach Nietzsches Ansicht, die Frohe Botschaft der reinen Lebenspraxis in die allerschlimmste verkehrt und so den Erlöser wirklich ans Kreuz geschlagen. Mit seiner Lüge vom wiedererstandenen Jesu verlegte er das gesamte Schwergewicht des Daseins hinter das Dasein und leistete jener Entwicklung den Vorschub, die zur Ausbildung der christlichen Dogmen führte.
Die Korruption dessen, was der Erlöser war und wollte, hat schon innerhalb der ersten Gemeinde eingesetzt, mit Paulus und den Evangelisten. Paulus, "dieser größte aller Apostel der Rache" vollendete den in der Kreuzigung vollzogenen Sieg der jüdischen Orthodoxie. Indem in die heilsgeschichtliche Position der Juden nunmehr alle Mühsamen und Beladenen gerückt werden, wird das Ressentiment universell.
Die Jünger und Paulus, sagt Nietzsche, sie haben die Verkündigung Jesu zum Opfer des Milieus der kleinen Leute und ihres Aberglaubens gemacht. Die Verkündigung ist unter die "kleinen Mucker" gefallen und nach deren Muckertum verstanden und umgedeutet worden. So wird Jesus ein Opfer der kleinen Leute.
Durch die Verlagerung aller Hoffnungen auf ein Dasein nach dem Dasein wird jedem Tatsachensinn der Boden entzogen. Die Folge ist eine die ganze Natur umfassende Entwertung der Realität; in letzter Konsequenz führt die ressentimentgeladene Grundstimmung der christlichen Religion zu einer nihilistischen Einstellung zum eigenen Leben. "So zu leben, dass es keinen Sinn mehr hat zu leben, das wird jetzt zum Sinn des Lebens.. .Nihilist und Christ, das reimt sich nicht bloss.."
Paulus erriet, wie man mit dem Symbol "Gott am Kreuz" alles Unten-Liegende, alles Heimlich-Aufrührende, die ganze Erbschaft anarchistischer Umtriebe im Reich, alles klein halten könne. Letztlich sei Paulus der alte Saulus geblieben, der Verfolger Gottes. Der frohen Botschaft folgte auf dem Fuß die allerschlimmste, die des Paulus. In Paulus verkörperte sich der Gegensatz-Typ zum frohen Botschafter, das Genie im Hass, in der Vision des Hasses, in der unerbittlichen Logik des Hasses. Auch die Lehre vom Gericht stammt von ihm. Er entdeckte, dass der Glaube ein Heilmittel für solche ist, die unfähig sind, das zu tun, was sie für richtig halten. "Der Priester lebt von den Sünden, er hat nötig, dass gesündigt wird" (Ant). Die Priester nennt der Philosoph mitunter "tückische Zwerge".
Paulus hat im großen Stil wieder aufgerichtet, was Christus durch sein Leben annulliert hat. Er hat das Christentum in sein Gegenteil verkehrt. "Ein schauderhafter Mischmasch von griechischer Philosophie und Judentum: der Asketismus, das beständige Richten und Verurteilen: die Rangordnung. "Heilmittel der Verstimmten". Schon Paulus meinte, "ein Opfer sei nötig, damit die tiefe Verstimmung Gottes über die Sünde aufgehoben werde, und seitdem haben die Christen nicht aufgehört, ihr Missbehagen über sich selber an einem Opfer auszulassen - sei dies nun die Welt, die Geschichte oder die Vernunft oder die Freude oder die friedliche Ruhe anderer Menschen - irgend etwas Gutes muss für ihren Sinn sterben - wenn auch nur in effigie."
"Paulus konnte im Grunde das Leben des Erlösers überhaupt nicht brauchen - er hatte den Tod am Kreuz nötig und etwas mehr noch.." "Ein Gott für unsere Sünden gestorben: eine Erlösung durch den Glauben: eine Wiederauferstehung nach dem Tod - das sind alles Falschmünzereien des eigentlichen Christentums, für die man jenen unheilvollen Querkopf(Paulus)verantwortlich machen muss.."
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