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Wie Schriftsteller sich verstehen

Als Tolstoi Natascha und Anna Karenina geschaffen hat, soll er seine eigene Sterblichkeit in Zweifel gezogen haben. Während Updike glaubt, dass der Mensch nur sehr schwer ohne Gott auskommt, verstanden und verstehen sich nicht wenige Schriftsteller und Literaten als Atheisten, wie Kurt Tucholsky, Marcel Reich-Ranicki, Günter Kunert, V.S.Naipaul und José Saramago.

Kurt Tucholsky formulierte 1930 in "Briefe an eine Katholikin": "In mir ist nichts, was erlöst werden muss; ich fühle die culpa (Schuld) nicht....Es geht mich gar nichts an. Nichts."

Marcel Reich-Ranicki antwortete auf eine entsprechende Frage, dass er in seinem Leben "keinen einzigen Tag an Gott geglaubt" habe. Die Rebellion des Goetheschen Prometheus' "Ich dich ehren? Wofür?" sei ihm völlig fremd. In seiner Schulzeit habe er sich vergeblich bemüht, den Sinn des Wortes 'Gott' zu verstehen, bis er eines Tages einen Aphorismus Lichtenbergs fand, der ihn geradezu erleuchtet habe - die knappe Bemerkung, Gott habe den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen, bedeute in Wirklichkeit, "der Mensch habe Gott nach seinem Ebenbild geschaffen."

Reiner Kunze bekennt: "Ich achte den Glauben anderer, mir selbst aber ist Gotteserfahrung bis heute nicht zuteil geworden."

Auch nicht dichtende Zeitgenossen geben sich nicht selten desinteressiert und sind angeblich ohne religiöses Bedürfnis, auch wenn sie sich nicht so krass äußern wie Samuel Beckett, der kurz und bündig für sich entschied: "Er(Gott) existiert nicht, der Hund."

V.S.Naipaul betrachtet die Religion sogar als Geißel der Menschheit, weil sie unsere innersten Wünsche nach eigenen Abenteuern und freien Gedanken unterdrückt.

Auch José Saramago glaubt, dass die Götter nur im Gehirn der Menschen existieren und dass Gott nichts anderes sei als ein Name. In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte er:"Es ist bekannt, dass die Religionen nie dazu dienten, die Menschen einander näherzubringen. Religionen waren und sind der Grund für unendliches Leid, für Gewalt, die zu den dunkelsten Kapiteln der elenden Menschheit gehören." Im Namen Gottes sei das Schrecklichste erlaubt. "Uns wurde das Paradies versprochen und mit der Hölle gedroht. Beides sind Unwahrheiten. Beleidigungen gegenüber unserer mühsam entwickelten Intelligenz". Friedrich Dürrenmatt betonte immer wieder, dass er an nichts glaube, aber er hat es so häufig hervorgehoben, dass man annehmen kann, dass er an diesem Mangel gelitten hat oder seinem Nichtglauben nicht traute.

Die Berliner Schriftstellerin Susanne Riedel, die das Buch "Kains Töchter" schrieb, sagte in einem etwas konfusen Interview mit der Tagszeitung "Die Welt": Sie sei ein "gläubiger Mensch. Wobei ich nicht so recht weiß, woran ich glaube. Mit 13 sei da diese Affinität zum Katholizismus gewesen mit all seinem 'Bildungs-Potenzial."


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