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Bekanntschaft mit Paul Celan

1941 wurde auch Czernowitz von den Deutschen besetzt. Viele Juden wurden in Konzentrationslager abtransportiert. Rose, die zuvor mit ihrer Familie und anderen Juden im Ghetto gelebt hatte, hauste nun, um den Deportationen zu entgehen, zusammen mit ihrer Mutter, ihrem Bruder Max, ihrer Schwägerin und anderen von den Nazis verfolgten Menschen versteckt im Keller einer Fabrik. Ihr jüdischer Verleger war ähnlichen Verfolgungen ausgesetzt wie seine Autorin und wurde nach der Entlassung aus dem Ghetto 1944 nach Sibirien verschleppt, wo er bald darauf starb. Im Ghetto lernte Rose Ausländer Paul Celan kennen - er hieß damals noch Paul Antschel - und war von seiner Lyrik sehr beeindruckt. Im Keller lasen sie sich gegenseitig ihre Gedichte vor.

Im Frühjahr 1944 wurde Czernowitz von den Russen befreit. Gesundheitlich haben diese Jahre Rose Ausländer stark geschädigt. Aber ihre Sprache blieb ungebrochen. "Ich habe immer geschrieben", bekannte sie, "was zu mir gekommen ist, ich zwinge mich nie, zu schreiben." Sie wanderte abermals in die USA aus, arbeitete als Sekretärin in New York und wurde amerikanische Staatsangehörige. Später erhielt sie von Amerika eine kleine Altersrente. Die Begegnung mit den amerikanischen Schriftstellern Edward Estlin Cummings, William Carlos Williams und Marianne Moore ermöglichten ihr einen dichterischen Neuanfang. Ihre Gedichte verfasste die Dichterin zu jener Zeit in englischer Sprache. Denn nach dem Krieg fühlte sie sich lange Zeit unfähig, ein Gedicht in deutscher Sprache zu schreiben. Erst 1956 fand sie wieder zu ihr zurück, zu ihrem "Mutterland", zur deutschen Sprache. Vor allem die Wiederbegegnung mit Paul Celan, dem Dichter der "Todesfuge", inspirierte und ermutigte sie, weiter zu dichten. Celan machte sie mit der lyrischen Moderne bekannt. Radikal änderten sich dadurch Form und Stil ihrer Arbeit. Nun erst fand sie zu ihrer eigenen unverwechselbaren dichterischen Ausdrucksweise. Sie verzichtete auf expressionistisches Pathos und auf

Reime, denn "was über uns hereinbrach, war ungereimt, so voll erlittenen Schock , so alpdruckhaft beklemmend .., dass der Reim in die Brüche ging. Blumenworte welkten. Auch viele Eigenschaftswörter waren fragwürdig geworden in einer mechanisierten Welt..". Ihre Gedichte sind von nun von bestechender Einfachheit, Klarheit und epigrammatischer Kürze, bilderreich, voller Poesie und Musikalität, kostbare Miniaturen.


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