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Zeit in Weimar

In Weimar (ab 1775) begann die Beschäftigung mit den alten Griechen mehr zu werden als ein bloßes Beruhigungsmittel. Die Rolle der griechischen Kultur beschäftigte Goethe im neuen Leben sowohl als persönliches wie auch als soziales Problem. Seine Erkenntnisse haben sich im "Triumph der Empfindsamkeit" (1777/78) sowie in dem Monodrama "Proserpina" niedergeschlagen.. In Weimar fand eine historische Rückbindung durch die Antike statt. Ihre Diesseitigkeit, ihre Einbeziehung des Göttlichen in Natur und Lebenswelt korrespondierte Goethes eigenen Überzeugungen. Antikes begann er nun, sich als zeitlos Vorbildliches anzueignen und von den Griechen zu träumen, als dem Volk, dem eine Vollkommenheit, die wir wünschen und nie erreichen, natürlich war.

Die antike Götterwelt wird nun Motiv zahlreicher Gedichte. Die alte Sehnsucht nach der südlichen Kultur, die wir im frostigen Norden nur durch die Dichter Griechenlands und Roms kennen, war jetzt in Goethe so groß wie nie zuvor, auch wenn er sich schon immer durch einige Anschauungen der Griechen hatte inspirieren lassen, um den Angriffen seines Dämons stand zu halten. Die Seiten des Griechentums, die Winkelmann hervorgehoben hatte, gewannen an Bedeutung. Auch von Herder hatte er gelernt, sich unter Griechenland das goldene Zeitalter, das unbeschwerte Leben des Tanzes und Gesanges, der Schönheit und unschuldigen Liebe vorzustellen. Er sah in den Griechen alles. wonach er sich sehnte. Griechenland war sein Ideal.

Ein fortgesetztes Studium griechischer Plastik half ihm, etwaige Zweifel an der Gültigkeit der sittlichen Botschaft Griechenlands zu beschwichtigen. Mitte Juli 1772 schrieb Goethe aus Wetzlar an Herder über den tiefen Eindruck, den das Studium der Griechen, vor allem Pindars, auf ihn gemacht habe. Selbstfindung und Selbstbestätigung zeichneten sich ab: "Ich wohne jetzt in Pindar, und wenn die Herrlichkeit des Pallasts glücklich machte, müsst' ichs sein." Homer, Xenophon, Platon, Anakreon und Pindar hatten ihn ganz mit Beschlag belegt.


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